Über die Arbeit mit Metaphern in therapeutischer Hypnose, Psychotherapie und Beratung
Was Metaphern sind und wie sie wirken
Metaphern sind eine sehr alte Methode Ideen zu vermitteln. Sie können Symbole sein, kurze Bemerkungen, die einen Vergleich ausdrücken (etwas geschieht wie..., zum Beispiel: entspannt sein wie ein Baby, schwer und schlapp wie ein nasser Lappen), kleinere Anekdoten und Analogien, ebenso wie länger ausgearbeitete Geschichten (vgl. Combs & Freedman, Symbol, Story and Ceremony).
Wir sind so sehr von Metaphern umgeben, dass wir uns dessen gar nicht bewusst sind. Selbst Buchstaben und geschriebenen Wörter können als Metaphern, Stellvertreter für die eigentliche Sache um die es geht, angesehen werden. Ebenso Piktogramme, sonstige Symbole und die täglichen Redensarten (der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, sich die Finger verbrennen, da geht mir ein Licht auf, das ist mir zu schrill und so weiter).
Die Hauptziele der Verwendung von Metaphern im therapeutischen Kontext sind es, Veränderung zu fördern, neue Perspektiven zu gewinnen, und neue Möglichkeiten der Interpretation einer Situation zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, sollte die Metapher dem Klienten aus dem Alltagsleben geläufig sein. Dies gilt sowohl für die Auswahl der benutzten Bilder und Symbole, als auch für Inhalt und Thema. Denn wenn Geschichten als Metaphern verwendet werden, wirken sie am besten wenn Thema, Charaktere, Umstände und Ereignisse aus dem Erfahrungsbereich des betroffenen Menschen stammen. Dann fühlt sich der Klient wirklich angesprochen und berührt und hat die beste Aussicht Nutzen daraus zu ziehen. Eine Metapher sollte so nah aus der Erfahrenswelt des Klienten kommen, dass sie ihn anspricht und berührt. Dadurch wird auf der einen Seite das bewusste Denken beschäftigt und auf der anderen Seite unbewusste Suchprozesse nach neunen Bedeutungen und Lösungen angeregt. Aus klassisch ericksonscher Sicht sollen solche Metaphern und Geschichten gleichzeitig abstrakt und entfernt genug vom eigentlichen Problem sein, damit überkritische Anteile des bewussten Denkens nicht durch Widerstände, Zweifel oder intellektuelle Vorurteile den kreativen Prozess des Unbewussten behindern.
Die Kraft von Metaphern als Mittel der Therapie und Veränderung lässt sich zu einem großen Teil darauf zurückführen, dass man sie nicht vollständig intellektuell analysieren und verstehen kann. Es bleibt immer ein Element des Vagen, des Ungewissen, einer versteckten Bedeutung, die sich dem Verstand entzieht. Im Sinne der Ericksonschen Hypnotherapie ist es die Qualität des Unverstehbaren und Unbewussten, dass die Fähig zur Veränderung in sich trägt.
Geschichten als therapeutische Metaphern enthalten auf der einen Seite indirekte Suggestionen, auf der anderen Seite wirken sie selbst als indirekte Suggestionen. Sie wirken als Vorschlag und Einladung, der Botschaft der Geschichte zu folgen. Auf gewisse Weise gilt dies für jede Erfahrung, jede Begegnung, alles was wir im täglichen Leben hören oder sehen. Alles im Leben kann die Wirkung einer Suggestion haben.
Eine therapeutische Metapher ist so gestaltet, dass sie eine bestimmte Botschaft, eine Lehre oder Einsicht vermittelt. Metaphern können mithilfe von Beispielen und Vergleichen die wir kennen Dinge erklären, die wir noch nicht kennen und sie so verständlich machen. Während sie sich im normalen Leben üblicher Weise an den bewussten Verstand richtet, zielt die therapeutische Metapher eher auf das unbewusste Verstehen, auf die Beeinflussung unwillkürlicher innerer Prozesse, die sich dann auch in äußeren Veränderungen widerspiegeln können.
Metaphorische Geschichten – so alt wie die Menschheit
Wenn wir uns in der Geschichte der Menschheit umschauen, können wir sehen, dass die Allegorien von Jesus, die zahlreichen Lehrgeschichten aus unterschiedlichen Traditionen, ebenso wie all die Märchen aus den verschiedenen Kulturen, verbreitete Beispiele für das Arbeiten mit Metaphern sind. Geschichten, innere Bilder und Metaphern sind die Sprache dessen, was Erickson das Unbewusste (unconscious mind) nannte – in seinem Sinne ein sehr flexibler Begriff über innere ressourcenreiche Prozesse, die sich üblicher Weise dem bewussten Denken und der bewussten Kontrolle entziehen.
Milton H. Erickson, ein Meister der Arbeit mit Metaphern
Der berühmte amerikanische Arzt und Neuerer in der Anwendung therapeutischer Hypnose, Milton H. Erickson erzählte in den späteren Jahren seines Lebens seinen Patienten und Studenten Geschichten aus jedem nur erdenklichen Bereich. Er fand sehr raffinierte und intelligent ausgearbeitete Möglichkeiten Geschichten darüber anzubieten, wie andere Menschen (Patienten, Freunde, Familienmitglieder usw.) ihre Probleme gelöst haben. In vielen Geschichten benutzte er eine Methode, die als punktuelle Grenzüberschreitung oder Verletzung der Selektionsbeschränkung bekannt ist. Das sind typische Personifikationen, bei denen Dingen oder Lebewesen Eigenschaften zugesprochen werden, die sie eigentlich nicht haben und die ihnen menschliche Züge geben. Bekanntestes Beispiel ist wohl die „Tomatengeschichte“, in der er einem Krebspatienten zur Erleichterung seiner Beschwerden vom „Vergnügen“ erzählt, dass eine Tomatenpflanze empfindet, wenn sie wächst und gedeiht. Die Tomatenpflanze wird zur Metapher für den Patienten selbst – wie sollte er als unbedarfter Zuhörer auf die Idee kommen, dass Erickson bei seinen Schilderungen von ihm redet? Die Geschichte wirkt in diesem Fall besonders durch die verwendete Einstreutechnik, bei der Suggestionen wie „sich gut fühlen, genießen, mit Leichtigkeit“ usw. in den Text eingestreut werden, ohne dass es für den Laien offensichtlich würde, dass es sich dabei um Suggestionen handelt. In diesem Beispiel versteckte Erickson sie oft als Attribute der Tomatenpflanze. An keiner Stelle sprach Erickson auch nur annähernd über das Problem des schwerkranken Patienten und doch erfuhr dieser eine erhebliche Erleichterung.
Metaphern wollen vom Zuhörer interpretiert werden
... Er besitzt die Freiheit und Aufgabe der Sinngebung.
Metaphern können sehr vielfältig angewendet werden und sehr subtil wirken. Der Therapeut lädt den Klienten dabei auf eine indirekte und permissive Weise ein, die diesem eine weitgehende Freiheit gibt, die Botschaft zu interpetieren und zu verstehen. Welche Idee der Therapeut auch immer mit der jeweiligen Geschichte verfolgen mag, es bleibt Aufgabe des Klienten, ihr seine ganz persönliche eigene Bedeutung zu geben. Metaphorische Geschichten öffnen Türen für neue Lösungen, die den individuellen Bedürfnissen am besten gerecht werden.
Metaphern können darüber hinaus verschiedenste Funktionen erfüllen. Sie können dazu benutzt werden eine Trance einzuleiten oder zu vertiefen, Widerstände und Ängste aufzulösen und unbewusstes Lernen zu verbessern. Innerhalb einer Metapher können wir unterschiedliche Lösungen anbieten, unbewusste Antworten und Reaktionen einladen und die Motivation des Klienten oder sein Selbstbewusstsein und Vertrauen in die Möglichkeiten der Veränderung verbessern.
Erickson betonte immer wieder, dass es in der Trance um Lernen gehe. Das bedeutet zunächst einmal zu lernen in Trance zu gehen, lernen in Kontakt mit den eigenen unbewussten Ressourcen und Möglichkeiten zu kommen und zu lernen, die Spanne seiner Ansichten und Glaubenssätze zu erweitern.
Es ist die Eigenart von Metaphern und Symbolen, dass sie nicht das sind, was sie zu seien scheinen. Aber sie können ganz direkt unser Herz und das Reich der Kreativität des Unbewussten berühren. Sie erlauben uns, sie flexibel mit Inhalt und Bedeutung zu füllen – ganz nach unseren eigenen Erfahrungen und Bedürfnissen. Sie zielen besonders auf unbewusste Prozesse und sind die Sprache unseres Unbewussten. Und dieses Unbewusste ist an sich bereits eine einzigartige Metapher, nicht wirklich fassbar, wissenschaftlich in dieser Form nicht konkretisierbar, aber überaus reich in ihren Möglichkeiten!
Während der Klient den Geschichten zuhört, beginnt er sich mit den Figuren der Geschichte zu identifizieren und er mag das, was sie tun, billigen oder ablehnen. Er hat die Möglichkeit, deren Lösungen zu übernehmen, sie für seine eigene Situation anzupassen oder, angeregt durch die Geschichte, seine ganz eigenen (vielleicht sogar entgegengesetzten) Lösungen zu finden. Auf diese Weise kann sich eine Art inneres Rollenspiel entwickeln. Durch das Anbieten passender Geschichten können alte Wunden auf unbewusster Ebene geheilt werden und neue Beziehungen zu den Eltern (re-parenting) oder anderen wichtigen Bezugspersonen gebahnt werden.
Wegen ihres metaphorischen Charakters sind Geschichten üblicher Weise nicht bedrohlich für den Klienten, da er sich von dem Inhalt so weit distanzieren und dissoziieren kann, wie er es braucht, um sich gut damit zu fühlen oder auch so weit mit Personen, Geschehnissen und Ideen identifizieren, wie es ihm passt. So können wir auf leichte und effektive Weise mögliche hinderliche Abwehr gegen wichtige Lerninformationen und Wachstumsprozesse umgehen. Da jedes Lernen durch interessante Kontexte gefördert wird, kann der Mensch wichtige Ideen umso leichter aufnehmen und umsetzten, je interessanter die Geschichte für ihn ist.
Minimalhinweise und kybernetische Interaktion zwischen Erzähler und Zuhörer
Während des Prozesses kann der Therapeut verschiedene Reaktionen des Klienten auf die Geschichte beobachten. Dies sind manchmal sehr deutliche Dinge, wie ein Lächeln, Stirnrunzeln oder körperliche Unruhe, beschränken sich oft aber auch auf so genannte Minimalhinweise, winzige Veränderungen in Mimik, Hautfarbe, Muskelspannung und so weiter, deren Wahrnehmung sich trainieren lässt. All diese Reaktionen können dem Therapeuten wichtige Hinweise auf die Wirkung geben, die bestimmte Inhalte oder Suggestionen auf den Zuhörer haben und als Information über das weitere Vorgehen dienen. Auf diese Weise kann das Erzählen von Geschichten (ohne das der Zuhörer es merkt) zu einem Prozess von gegenseitigen Wechselwirkungen werden, kybernetischen Feedbackschleifen, die der Therapeut nutzt, um systematisch in Richtung der gewünschten Veränderung zu arbeiten.
Metaphern zum Aufwecken
Nicht in jedem Fall dienen metaphorische Geschichten dazu unbewusste Veränderungsprozesse anzuregen. Sie können auch direkt auf das bewusste Verstehen zielen, zum Beispiel, um den Klienten mit rigiden internalisierten Strukturen zu konfrontieren in denen er feststeckt. Er kann wachsamer gegenüber seinen Verhaltensweisen werden oder die Geschichten können eine Art von Leiden auslösen, das die Bereitschaft fördert, wichtige Veränderungen vorzunehmen.
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