Reframing (Neurahmung, Umdeutung) ist ein Begriff, der von Virginia Satir eingeführt wurde. Es ist eine Technik, um den Rahmen der Wahrnehmung und Bedeutungsgebung neu zu gestalten. Erlebnisse und Verhaltensweisen werden aus einer neuen Perspektive betrachtet und auf neue Weise beschrieben. Dadurch ändert sich auch die Bedeutung, die wir dem Thema beimessen. Wie Gunther Schmidt (vgl. z.B. 2007, Liebesaffären zwischen Problem und Lösung) immer wieder betont, kann das Umbenennen eines Erlebens bereits eine sehr mächtige und wirkungsvolle Intervention sein.
Wenn ein bestimmtes Symptom, zum Beispiel, (wie meistens üblich) ausschließlich als negativ und unangemessen erlebt wird, so wird gerade diese Haltung selbst zum Problem (Stichwort: Die Lösung/die Lösungsversuche ist/sind das Problem). Wenn wir stattdessen das Symptom aus einer neuen Perspektive betrachten und feststellen, dass es in mancher Hinsicht ein durchaus sinnvolles Verhalten ist, das die bislang bestmögliche Lösung für ein tiefer liegendes Etwas darstellt (eine zugrunde liegende positive Absicht), kann das bisher ausschließlich abgewertete Symptom zu einer Quelle von neuen Informationen, Fähigkeiten und Lösungen werden. Durch Reframing können also Symptome zu Ressourcen werden.
In gewisser Hinsicht geht es bei Psychotherapie immer um Reframing. Durch den amerikanischen Psychiater Milton H. Erickson wurde dieser Ansatz und Begriff als Intervention in der Hypnotherapie besonders bekannt (später auch durch das NLP – Neurolinguistisches Programmieren –, das die Begründer im Wesentlichen aus der Arbeit von Milton H. Erickson, Virginia Satir und Fritz Perls entwickelten). In der Hypnotherapie wie auch beim Reframing geht es immer darum, neue Ideen vorzuschlagen, zu erkennen und wahrzunehmen. Hypnose in diesem Sinne kann als Kommunikation von Ideen verstanden werden. Das Ziel des Therapeuten ist es, den verengten Fokus des Klienten zu erweitern, um ihm zu helfen, einen weiteren Rahmen und eine Vielzahl an Perspektiven zu gewinnen.
In der traditionellen Hypnose verwendete man ausschließlich direkte autoritäre Suggestionen, die dem Klienten unmittelbar die neue Perspektive und das neue Verhalten/erwünschte Veränderungen vorschlugen, in der Hoffnung, dass er diese Vorschläge auch umsetzen und damit sein unerwünschtes Verhalten ändern würde. In der modernen Hypnose, wie sie insbesondere von Erickson entwickelt wurde, ziehen wir es vor, den Fokus auf eher indirekte und permissive Vorschläge zu richten. Dies hat den Vorteil, umfassender zu sein und dem Klienten zu erlauben auszuwählen, was für ihn persönlich am nützlichsten und hilfreichsten ist. Nicht der Therapeut ist hier die entscheidende Instanz, die Veränderung aktiviert, sondern der Klient selbst. Der Klient wird zum gleichberechtigten Partner bei der Arbeit an seinen Zielen mit einem erfahrenen Fachmann zur Seite. Vorschläge, die aus einem solchen Rahmen heraus entwickelt und angeboten werden, haben eine viel höhere Wahrscheinlichkeit angenommen und umgesetzt zu werden. Sie sind grundsätzlich auch deshalb wirkungsvoller, weil durch die kooperative Haltung des Therapeuten die Wertschätzung des Klienten mit all seinen Eigenheiten und Themen gewährleistet ist. Außerdem legen die modernen Ansätze der Hypnose großen Wert auf das direkte unmittelbare Erleben von Veränderungen und Ressourcen. Hier wird nicht rein verbal ein- oder ausgeredet, sondern während der Sitzung (meist in Form einer Trance) und im Alltag erfahrbar erlebt. Erst aus einem solchen Erleben der veränderten Perspektive machen dann gegebenenfalls auch ganz direkte Suggestionen einen Sinn.
Um dem Klienten zu helfen, die neuen Wahlmöglichkeiten nicht nur intellektuell zu verstehen und zu akzeptieren, sondern sie mit dem ganzen Wesen zu erfahren, ist es wichtig, dass die neuen Ideen sozusagen mit allen Sinnen kommuniziert und integriert werden. Je mehr der Klient Erfahrungen mit all seinen Sinnen macht, desto tiefer und eindrücklicher kann sein Verständnis werden und sich im täglichen Leben umsetzen. Das ist für jede wirkliche Veränderung mithilfe der Integration des Unbewussten notwendig. So ist es auf der anderen Seite wenig effektiv, eine Idee einfach so auf direkte Weise zu kommunizieren. Nur wenn sich der Klient die Idee selbst zu Eigen macht, kann sie in ihm wirksam werden und zu Veränderungen führen.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Reframing ist ein Weg, neue Ideen, neue Perspektiven, vorzuschlagen. Was wir reframen ist gewöhnlich etwas, das bisher abgewertet wurde. Dazu bieten wir dem Klienten eine neue Perspektive, eine neue Sichtweise hinsichtlich des beklagten Themas an, die ein neues Licht darauf wirft und dem Klienten die Möglichkeit gibt, seine Benennung und Bewertung des Themas neu zu formulieren. Belastende Gefühle wie Wut, Furcht, Eifersucht und so weiter werden in der Regel entsprechend der internalisierten Standards des Über-Ichs abgelehnt und als schlecht und unangemessen verurteilt. Im Rahmen einer Umdeutung können belastende Gefühle zum Beispiel als hilfreiche Botschaft für positive und verständliche Bedürfnisse der kindlichen Seite in uns verstanden werden. Wenn wir beginnen, sie als grundlegende, positive und vollkommen gerechtfertigte Bedürfnisse zu betrachten, können sich die Dinge radikal verändern – mindestens aber eine gewisse Distanzierung von der verurteilenden Haltung bewirken.
Beim Reframing geht es selten um neue Fakten, sondern um einen Wechsel in der Perspektive aus der wir die Dinge betrachten. Dies führt uns entweder zu größerer Wahlfreiheit oder zu einem Wechsel von einer (gewöhnlich) negativen zu einer positiven Bewertung (im Optimalfall um eine völlig wertneutrale Wahrnehmung dessen was ist!). Dabei muss es nicht immer um den Wechsel von einer negativen zu einer positiven Bewertung gehen. Es kann auch anders herum sein. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Mensch ein schädliches Verhalten als nützlich und positiv betrachtet und die objektive Wahrheit nicht sieht. Ein Mensch, der in einem Kontext aufgewachsen ist, dass Harmonie der wichtigste Wert im Zusammenleben von Menschen ist, hat diese Standards oft so sehr verinnerlicht, dass er Diskussionen und Auseinandersetzungen – gar nicht zu sprechen von Streit und aggressiven Ausbrüchen – um jeden Preis zu vermeiden sucht. So wird er lieber schweigen, obwohl Dinge ausgesprochen und benannt werden müssten und jeden aufkommenden Ärger hinunterschlucken. Er wird überzeugt sein, dass dies die beste Möglichkeit ist, mit solchen Situationen umzugehen, selbst wenn es auf Kosten wichtiger eigener Bedürfnisse geht. Er bemerkt nicht, wie inkongruent sein Verhalten ist und wird noch viel weniger ihren hohen Blutdruck als Ausdruck von verborgenem Ärger interpretieren, oder Herzattacken, Magengeschwüre, Depressionen oder was auch immer der Preis sein mag.
Zu dem genannten Beispiel könnten zwei verschiedene Arten von Reframing hilfreich sein: Streit und Auseinandersetzungen aus einer neuen Sicht zu betrachten, von immer schlecht zu einer möglicher Weise kreativen und gesunden Form von Interaktion, oder die Person erkennen zu lassen, dass das bisherige Verhalten, das von ihr bislang als positiv bewertet wird, tatsächlich auf vielen Ebenen schädliche Auswirkungen haben kann.
W. Gerl schreibt in Hypnose in Psychotherapie, Psychosomatik und Medizin (Revenstorf & Peter 2001, Seite 272):
„Alle ‚Als-ob-Techniken“ sind Reframing-Techniken. Jede Therapeutische Altersregression und Zeitprogression ist eine Erweiterung des bisher genutzten Erfahrungsrahmens. Die ‚Pseudoorientierung in der Zeit’ ermöglicht das Auffinden von Problemrelevanten Ursachen und Faktoren sowie das Auffinden von unentbehrlichen Ressourcen in verschiedenen Zeitdimensionen. Reframing kann dabei auch eine Umgewichtung im Zeitfokus bewirken und zu einer ausgewogenen Orientierung an Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verhelfen.”
Refamings können im Wesentlichen in zwei verschiedene Kategorien eingeteilt werden: Reframes hinsichtlich der Bedeutung, und solche hinsichtlich des Kontextes. Im ersten Fall bieten wir eine neue Bedeutungsgebung für das, was geschieht an, was bereits eine größere Wahlfreiheit beinhaltet. Im zweiten Fall betonen wir einen veränderten Kontext, der ein neues Licht auf das Thema wirft. Beide Arten von Reframing können entweder mehr oder weniger direkt vom Therapeuten vorgeschlagen werden oder dadurch erreicht werden, dass wir den Klienten dazu bringen, eigenständig (mit unserer Führung) eine Umdeutung vorzunehmen.
Hier einige Beispiele für mögliche Reframes
Aussage: Ich bin immer viel zu nervös, und dann wird mir so heiß, dass ich ganz fürchterlich anfange zu schwitzen...
Reframe: Ist es nicht völlig okay und ganz normal, in solchen Situationen stark angeregt zu sein? Es zeigt, dass du wirklich engagiert in der Angelegenheit bist, und das ist die beste Vorraussetzung, um sich dem bewusst zu sein, was da passiert. Und Hitze ist eine Energie von sehr großer Transformationsfähigkeit, die dich unterstützt, positive Veränderungen sehr schnell und effektiv durchzuführen...
Aussage: Und ich sage ihm immer wieder, dass er nicht immer so eifersüchtig sein soll, aber er hört nicht damit auf, mich mit seiner Eifersucht zu quälen.
Reframe: Ja, es kann wirklich sehr nervig und aufreibend sein, wenn ein Partner übertrieben eifersüchtig ist, nicht wahr? Auf der anderen Seite kann es uns zeigen, wie engagiert jemand uns und der Partnerschaft gegenüber ist, dass wir ihm wirklich wichtig sind. Eifersucht ist für viele Menschen ein Weg, um ihre Liebe auszudrücken und mitzuteilen, dass sie die Beziehung schützen wollen...
Aussage: Ich weiß, ich sollte nicht immer so gereizt zu meiner Mutter sein.
Reframe (Kontext bezogen): Das ist wahr, du solltest wirklich nicht so gereizt mit deiner Mutter umgehen. Du bist jetzt erwachsen und nicht länger von dem abhängig, was deine Eltern tun oder sagen, um dich gut und sicher zu fühlen und zu überleben, nicht wahr? Aber ich frage mich, ob du dich an eine Zeit erinnern kannst, als wütend zu werden die einzige Möglichkeit war zu zeigen, wie sehr du unter den Anforderungen deiner Eltern gelitten hast. Kinder stimmen oft nicht mit dem überein, was ihre Eltern von ihnen wollen und das ist ganz in Ordnung so. Und manchmal werden sie auch wirklich in einer Weise behandelt, die nicht okay ist, ist das nicht so? Als hilfloses und abhängiges Kind ist es oft die einzige Möglichkeit, wütend zu reagieren, weil man sich hilflos den Anforderungen der Eltern ausgeliefert fühlt. Und es gibt zahlreiche Situationen, in denen es sehr gerechtfertigt ist, böse und frustriert über das zu sein, was da mit einem als Kind gemacht wird.
Weitere Alternative (Bedeutungs bezogen): Und kannst du fühlen, wie viel Energie in dieser Wut liegt? Und ich frage mich, wie du diese kraftvolle Energie am besten so transformieren und verwenden kannst, dass sie zu einer wirklichen Unterstützung für dich wird.
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